NEUE STÜCKE AUS EUROPA/NEW PLAYS FROM EUROPE - 2006 Theaterbiennale des Staatstheaters Wiesbaden 15.-25. Juni - ez Németország legnagyobb nemzetközi kortárs drámafesztiválja. Az eseménynek több magyar vonatkozása is van: Térey János: A Nibelung-lakóparkjából tartanak felolvasást illetve vendégszerepel a Krétakör a Feketeországgal.
NEUE STÜCKE AUS EUROPA - NEW PLAYS FROM EUPOPE 2006
- Theaterbiennale des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden-
vom 15. bis 25. Juni 2006
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zweiten Mal im Hessischen Staatstheater Wiesbaden statt. Es präsentiert 29 Aufführungen aus 22 Ländern Europas, darunter Theaterstücke von international erfolgreichen Autoren wie Biljana Srbljanovic (Serbien und Montenegro), Jaan Tätte (Estland) oder Mark Ravenhill (Großbritannien) sowie Inszenierungen von so renommierten Regisseuren wie Johan Simons (Der Asylsucher) und Árpád Schilling (SCHWARZland). Darüber hinaus ist NEUE STÜCKE AUS EUROPA aber vor allem ein Sprungbrett für Dramatiker, Regisseure und Ensembles aus Europa, die es noch zu entdecken gilt. Alle Inszenierungen werden in der Originalsprache gezeigt und simultan ins Deutsche übersetzt. Die Mehrzahl der Produktionen ist zum ersten Mal in Deutschland zu sehen.
Das Festival stützt sich in seiner Recherche auf ein einmaliges europaweites Netzwerk: In jedem der 39 Länder übernimmt ein namhafter Dramatiker die Patenschaft für sein Land, schlägt der künstlerischen Leitung Manfred Beilharz, Tankred Dorst, Ursula Ehler sowie Markus Bothe neue Stücke vor und repräsentiert die eingeladenen Produktionen in Wiesbaden. Auch in diesem Jahr ist die Festivalleitung den Empfehlungen der Paten gefolgt und quer durch Europa gereist, um die Inszenierungen zu entdecken.
PRESSEMITTEILUNG
Wie auch bei früheren Ausgaben von NEUE STÜCKE AUS EUROPA kommen verschiedene hochkarätige Aufführungen aus den Ländern Ex-Yugoslawiens: Dejan Dukovskis Die andere Seite (Mazedonien), Andrej Skubic Fuzine Blues (Slowenien) und Heuschrecken (Serbien und Montenegro). Gleichzeitig zeichnen Produktionen aus Ungarn, Slowenien, Tschechien, Polen ein Bild von der kulturellen Lebendigkeit Mitteleuropas - aber auch Europas Westen, Norden und Osten ist mit Stücken aus Portugal, Finnland, Norwegen und Russland präsent.
Auf dem Festival sind Höhepunkte des Theaterschaffens aus Nachbarländern Deutschlands vertreten, wie zum Beispiel Frankreich mit Joel Pommerats Au monde - ein Autor und Regisseur, der im Zentrum der diesjährigen Festivals von Avignon stehen wird.
Von Die Nymphen (Niederlande) von Peer Wittenbols über Emma Dantes sizilianische Lebenswelten in Vita mia (Italien) bis hin zu János Tereys Nibelungen-Wohnpark (Ungarn) reicht die ästhetische Bandbreite der eingeladenen Produktionen.
Die Produktion Wir.Selbstidentifikation aus Weissrussland spiegelt die angebliche Konfrontationssituation in diesem Land wieder.
Zum ersten Mal überhaupt bei NEUE STÜCKE AUS EUROPA ist Zypern vertreten - zusammen mit je zwei Produktionen aus Griechenland und der Türkei entsteht eine spannende Momentaufnahme über Themen und Formen des Theaters im Südosten unseres Kontinents.
Das Festival bespielt nicht nur alle Bühnen des Staatstheaters (Großes Haus, Kleines Haus, Studio und Wartburg), sondern erobert auch neue Räume wie den Malersaal, das "Weiße Haus“ sowie das ehemalige Polizeipräsidium in der Wiesbadener Innenstadt. Im Festivalzelt im Park auf der Rückseite des Theaters finden Lesungen, Symposien und Publikumsgespräche mit den anwesenden Dramatikerinnen und Dramatikern und zahlreichen nationalen und internationalen Gästen statt. NEUE STÜCKE AUS EUROPA ist aber auch ein Arbeits- und Werkstattfestival: Eine große Tradition hat das FORUM JUNGER AUTOREN, ergänzt durch ein vom ITI durchgeführtes Übersetzerseminar und ein deutsch- französisches Dramaturgieseminar.
Das Festival wird finanziert aus Mitteln des Landes Hessen (500.000 ), der Kulturstiftung des Bundes (250.000 ), der Stadt Wiesbaden (150.000 ), aus Mitteln der Bundeszentrale für politische Bildung (35.000 ) sowie der Europäischen Theaterkonvention.
Hinzu kommt die Unterstützung von zahlreichen Sponsoren und Kulturinstituten. Der Gesamtetat von NEUE STÜCKE AUS EUROPA beläuft sich auf rund eine Million Euro.
Herzliche Grüße:
Vera Marusic
Presse- und Öffentlichkeitsreferat
Tel. 0611. 132 329; Fax 0611. 132 307
pressereferat@staatstheater-wiesbaden.de
PRESSEMITTEILUNG
Wiesbaden, 30. März 2006
NEUE STÜCKE AUS EUROPA - NEW PLAYS FROM EUPOPE 2006 Theaterbiennale des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden vom 15. bis 25. Juni 2006 NEUE STÜCKE AUS EUROPA präsentiert vom 15. bis 25. Juni 2006 in 39 Vorstellungen 29 theatralische Neuentdeckungen aus 22 Ländern Europas, deren Mehrzahl zum ersten Mal in Deutschland zu sehen sind. Das Programm der Theaterbiennale, das weltweit größte Festival, das ausschließlich europäische Gegenwartsdramatik zeigt, bietet unter der künstlerischen Leitung von Intendant Manfred Beilharz, dem Dramatiker Tankred Dorst, seiner Co-Autorin Ursula Ehler sowie Markus Bothe ein weites Spektrum europäischen Theaterschaffens.
Hochkarätige Aufführungen unter anderem aus den Ländern Ex-Yugoslawiens, aus Ungarn, Slowenien, Tschechien oder Polen zeichnen ein Bild von der kulturellen Lebendigkeit Mitteleuropas - aber auch Europas Westen, Norden und Osten ist mit Stücken aus Portugal, Finnland, Norwegen und Russland präsent.
Auf dem Programm von NEUE STÜCKE AUS EUROPA stehen Theaterstücke von international erfolgreichen Autoren wie Biljana Srbljanovic, Jaan Tätte oder Mark Ravenhill sowie Inszenierungen von so renommierten Regisseuren wie Johan Simons, Joël Pommerat und Árpád Schilling - darüber hinaus ist das Festival vor allem ein Sprungbrett für Dramatiker, Regisseure und Ensembles aus Europa, die es noch zu entdecken gilt. Symposien, Workshops, Lesungen und Diskussionen komplettieren das vielseitige Gastspielprogramm. Alle Inszenierungen werden in der Originalsprache gezeigt und simultan ins Deutsche übersetzt.
Herzliche Grüße
Vera Marusic
Presse- und Öffentlichkeitsreferat
Tel. 0611. 132 329; Fax 0611. 132 307
pressereferat@staatstheater-wiesbaden.de
DIE PATEN-AUTOREN VON NEUE STÜCKE AUS EUROPA, THEATERBIENNALE DES HESSISCHEN STAATSTHEATERS WIESBADEN
ALBANIEN: Stefan Çapaliku wurde 1965 in Shkoder geboren. Seit 1998 ist er für das Buchwesen im Ministerium für Kultur, Jugend und Sport Albaniens zuständig, unterrichtet an der Akademie der Künste in Tirana und gehört er auch zur künstlerischen Leitung des Nationaltheaters in Tirana. 1993 erschien Stefan Çapalikus erster Gedichtband, er publizierte
neben Essays und Monographien über albanische Literatur weitere Prosawerke sowie fünf Theaterstücke.
BELGIEN: Paul Pourveur wurde 1952 in Antwerpen geboren, er arbeitete er zunächst als Drehbuchautor, seit den 80er Jahren schreibt er Stücke in Flämisch und Französisch. Seine jüngsten Werke sind in Französisch "Les B@lges" und "Décontamination" (2003), in flämisch "Toter Sand" und "Shakespeare ist tot, mach' dir nichts draus!" (beide 2002) sowie "Im Schatten meines Vaters", "Rap Battle" und "Die Mutter ... meiner Mutter" (2003). Seine "französischen" Stücke werden vor allem in Belgien, Frankreich, Kanada und der Schweiz gespielt.
BOSNIEN-HERZEGOWINA: Almir Im irevi wurde 1971 in Bihac geboren, er arbeitete als Dramaturg an verschiedenen Theatern in Bosnien, als Dramatiker debütierte er 1999 mit dem Stück "Wenn das eine Aufführung wäre...". Weitere bereits produzierte Stücke sind "Balkans Teufel - Schande" und "Circus Inferno". Daneben schreibt Im irevi Drehbücher und lehrt Dramaturgie an der Akademie der Darstellenden Künste in Sarajewo.
BULGARIEN: Hristo Boytchev wurde 1950 in Orlowetz geboren und ist heute der meistgespielte Dramatiker seines Landes. Boytchev debütierte als Dramatiker 1984 mit dem Schauspiel "Das Ding". Seither hat er - neben Scripts für das Fernsehen - mehr als zehn weitere Stücke geschrieben. 1989 wurde er erstmals zum Dramatiker des Jahres gewählt. Seit der Wende in Bulgarien kommentierte er mit einer Satire-Sendung des nationalen Fernsehens die aktuelle Politik des Landes. Seinen bisher größten Erfolg errang er mit der weltweit erfolgreichen, absurden Komödie "Flieg, Oberst, flieg!", zu seinen jüngsten Stücken gehören "Das Titanic Orchester" und "Die Frau des Obersten".
DÄNEMARK: Jokum Rohde wurde 1970 in Kopenhagen geboren. Seit 1993 wurden zahlreiche seiner Theatertexte in Kopenhagen uraufgeführt und an zahlreichen Theatern (u.a. Schauspielhaus Bochum) nachgespielt, daneben veröffentlichte er Romane. Daneben schuf er Bearbeitungen bzw. Neufassung, zuletzt von Louis-Ferdinand Célines "L'Eglise" aus dem Jahr 1927 für das Kaleidoskop Theater (2004).
ESTLAND Mart Kivastik ist 1963 in Tartu geboren. Schon während seiner Studien war er (bis 1991) als "Story Editor“ für das estnische Filmstudio Tallinnfilm tätig. Er hat für Film und Fernsehen Drehbücher geschrieben und Regie geführt. Seit 1991 ist er Autor zahlreicher Kurzgeschichten, Erzählungen sowie Artikeln zu Literatur, Theater und Film in estnischen Zeitschriften und Zeitungen publiziert. Kivastiks Sympathie gehört denen, die sich nicht den Verlockungen und Kommandos des Erfolgs ergeben. Die Einzelgängerschaft vieler seiner "Helden“ kommt in den Stücken noch schärfer zum Ausdruck . Sein populärstes Drama, "Der Diener“ (2003, Tallinn) illustriert an der Beziehung dreier Freunde die Wahrheit, dass ein
König nicht dadurch ein König ist, dass er sich durch königliche Qualitäten auszeichnet, sondern dadurch, dass ihn andere als König behandeln.
FINNLAND: Reko Lundán wurde 1969 in Riihimäki geboren. Seine neuesten Stücke, "Überflüssige Menschen" und "Menschen im Wohlfahrtsstaat", hat er 2003 am KOM-Theater bzw. am Nationaltheater in Helsinki inszeniert. Lundan konnte sich nicht nur als Dramatiker, sondern auch als Regisseur profilieren, er hat Hörspiele, Drehbücher und einen Roman geschrieben. Er lehrt Dramaturgie an der Theaterhoch-schule in Helsinki und gehört seit 1997 der künstler-ischen Leitung des Theaterfestivals in Tampere an.
FRANKREICH: Roland Fichet wurde 1950 in St. Brieux de Mauron geboren. Er gründete das Théâtre de Folle Pensée, ist Autor von mehr als einem Dutzend Stücken, die vorwiegend in den "Éditions Théâtrales" erschienen sind. Fichet arbeitet auch als Regisseur und lehrt als Dozent an Theaterschulen und an Universitäten. Zu seinen neuesten Stücken gehören "Die kleine Krakeelerin von Camors" (2003), "Schlaf nicht ein" (2004); "Animal" wurde 2005 am Theatre uraufgeführt.
GRIECHENLAND: Petros Markaris wurde 1937 in Istanbul geboren und lebt seit 1964 in Griechenland. Bei uns ist Markaris durch seine Romane bekannt geworden, Markaris hat zahlreiche Theaterstücke, Drehbücher und Fernsehserien geschrieben, er lehrt Dramaturgie an der Theater-Abteilung der Universität Patras und an der Schule des Nordgriechischen
Staatstheaters. Petros Markaris hat eine Reihe von Stücken deutscher Dramatiker ins Griechische übersetzt, u.a. Büchner, Wedekind, Schnitzler und Brecht sowie Goethes "Faust".
GROSSBRITANNIEN: Dennis Kelly wurde 1970 in Barnet/London geboren und studierte Drama und Theater am Goldsmith College in London. 2001 schloss er das Studium ab und gewann im gleichen Jahr den "BBC Talent New Comedy Award". Kelly bezeichnet Carol Churchill und Sarah Kane als seine Lieblings-Dramatikerinnen, NEUE STÜCKE AUS EUROPA 2004 zeigte "Debris“ in der Londoner Uraufführungsproduktion von 2003. Sein Radiodrama "The Colony" gewann den Prix Europa 2004 für das beste Hörspiel. Seine beiden neuesten sind "Osama, der Held“ und "Nach dem Ende, das im vergangenen Dezember in der Uraufführungsinszenierung von Paines Plough in Berlin gezeigt wurde. Zur Zeit arbeitet Kelly an dem Theatertext, "Liebe und Geld“, der in der kommenden Spielzeit am Young Vic in London uraufgeführt werden soll.
IRLAND Vincent Woods wurde 1960 im County Leitrum im Nordwesten Irlands geboren und lebte in den USA, in Neuseeland und Australien. Er arbeitete als Journalist und Moderator von Nachrichten-Programmen für den irischen Rundfunk RTÉ. Seither ist er als freier Schriftsteller, seit 1992 auch als Kunstkritiker und Kolumnist. Woods veröffentlichte zwei Bände mit Lyrik, "The Colour of Language“ und "Lives and Miracles". Er ist Herausgeber einer Anthologie mit irischer und australischer Poesie. Zu seinen Stücken gehören "John Hughdy and Tom John", "Song of the Yellow Bittern" und "On the Way out" . Sein neuestes Stück, "A Cry from Heaven“, kam im vergangenen Jahr am traditionsreichen Abbey Theatre in Dublin heraus. Seine Theatertexte werden auch in Australien, Großbritannien, Kanada und in den USA gespielt.
ISLAND: Bjarni Jónsson wurde 1966 in Akranes geboren. Er schrieb zahlreiche Theaterstücke, "Kaffee" wurde bei der BIENNALE 1998 in Bonn gezeigt und im Jahr 2000 vom Westdeutschen Rundfunk und vom Isländischen Rundfunk als Hörspiel produziert. Bjarni Jónsson hat aus dem Englischen und Schwedischen übersetzt, vor allem aber aus dem Deutschen: Stücke von Bernhard, Dorst, Tabori, Salvatore und Brecht sowie Grass. Daneben ist er als Dramaturg und Hörspielautor tätig.
KROATIEN: Filip ovagovi wurde 1966 in Zagreb geboren. Die BIENNALE in Bonn stellte 2000 "Cigla - ein langweiliges Stück" in der Uraufführungs-Inszenierung durch das Kroatische Nationaltheater Split vor. Seine Theatertexte sind in mehrere Sprachen übersetzt worden. Er spielte in über 30 Filmen und in eben so vielen Bühnenproduktionen. 2002 wurde der Film "Niemandsland" von Danis Tanovic, in dem er eine Hauptrolle spielt, mit dem Golden Globe für den besten ausländischen Film ausgezeichnet. Seine Hörspielversion von "Cigla" gewann im gleichen Jahr den "Prix Italia".
LETTLAND: M ra Z l te, 1952 als Kind deportierter Eltern in Sibirien geboren, wurde eine der wichtigsten Vordenkerinnen der "Singenden Revolution". Durch ihre literarische Arbeit sowie durch ihr mutiges Auftreten als Rednerin und Publizistin hat sie das Streben der Letten nach nationaler Unabhängigkeit entscheidend beeinflusst. 1989 wählten sie die Medien ihres Landes zur "Frau des Jahres". Seit 1977 hat M ra Z l te eine Reihe von Gedicht-Bänden veröffentlicht, die teilweise auch in deutscher Sprache vorliegen. Sie schuf Theaterstücke und Libretti. M ra Z l te lebt als freie Schriftstellerin in Riga.
LITAUEN: Marius Iva kevi ius wurde 1973 in Moletai geboren. Er schreibt Essays, Kurzgeschichten, 1998 kam sein Roman "Geschichte aus den Wolken" heraus. Sein neuester Roman, "Grün", erschien 2002. Er veröffentlichte zahlreiche preisgekrönte Drehbücher, Dokumentarfilme und Dramen, zuletzt "Close City“ (2005), Stücke von Iva kevi ius sind u.a. ins Polnische, Französische, Englische und Deutsche übersetzt. LUXEMBURG: Nico Helminger wurde 1953 in Differdingen geboren, schreibt vor allem Lyrik, Theaterstücke und Hörspiele in deutscher und luxemburgischer Sprache, veröffentlichte aber auch Erzählungen, Kurzgeschichten und einen Roman. Helminger hat in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Camille Kerger auch drei Opernlibretti geschrieben. Zuletzt erschien von ihm der Gedichtband 'Grenzgang'.
MAZEDONIEN: Goran Stefanowski wurde 1952 in Bitola geboren, seit 1998 ist er an der Universität in Skopje Dekan der Abteilung für Szenisches Schreiben, zur Zeit unterrichtet er dieses Fach am Christchurch College in Canterbury. Stefanowski hat seit 1974 Fernsehstücke und -serien, Drehbücher für Film und Fernsehen, Libretti für Oper und Ballett und eine Reihe von Stücken geschrieben. "Hotel Europa", seine Szenenfolge über Immigranten, Flüchtlinge, Vertriebene, Obdachlose, die von neun europäischen Regisseuren mit einem internationalen Ensemble inszeniert wurde, war u.a. bei der Bonner BIENNALE 2000 zu sehen.
MOLDAWIEN: Constantin Cheianu wurde 1959 in Truseni geboren, war als Dramaturg am Nationaltheater M. Eminescu in Chisinau tätig, er schuf neben eigenen Stücken mehrere Adaptionen von Romanen und ist auch als Prosa-Autor hervorgetreten. Neben zahlreichen Artikeln und Essays über Theater und Kultur erschienen. Von 1997 bis 2001 leitete Constantin Cheianu die Musik- und Theaterabteilung im Kulturministerium seines Landes.
NIEDERLANDE: Judith Herzberg debütierte Anfang der 60er Jahre als Lyrikerin. Knapp ein Jahrzehnt später entstand ihr erstes Stück. Libretti und Drehbücher schlossen sich an. Ihre Texte für Bühne und Film sind in einem Sammelband in Holland, ein Teil ihrer Lyrik und Prosa sowie die meisten ihrer Stücke sind auch in Deutsch erschienen. NORWEGEN: Řyvind Berg wurde 1959 in Oslo geboren, er arbeitet als Autor, Übersetzer und Darsteller. Er hat u.a. Ezra Pound und Bertolt Brecht, aber auch Shakespeares "Hamlet" ins Norwegische übersetzt. Zu seinen zahlreichen Theaterstücken und Büchern ist jüngst ein Band mit Gedichten gekommen. Er ist künstlerischer Leiter des größten norwegischen Literaturfestes "Norsk litteraturfestival". ÖSTERREICH: Bernhard Studlar wurde 1972 in Wien geboren. Für sein Stück "A. ist eine Andere" erhielt er 2000 den Kleist-Förderpreis. Das Stück ist seit der Uraufführung 2001 in Chemnitz von zahlreichen Bühnen im deutschsprachigen Raum nachgespielt und in mehrere Sprachen übersetzt worden. Für das Staatsschauspiel Stuttgart schrieb er "Die Aufgeregtheit der Schwalbe" (2003). Seit Ende 2002 lebt Bernhard Studlar wieder in Wien. POLEN: Maciej Wojtyszko wurde 1946 in Warschau geboren, er arbeitet sowohl für Film und Fernsehen wie für das Theater als Autor und Regisseur. Daneben hat er Bücher für Kinder und eine erzählende Biographie über den Pianisten, Komponisten und Politiker Ignacy Paderewski verfasst ("Eine polnische Fantasie"). Seine Dramen werden seit den 70er Jahren an vielen Theatern in Polen gespielt, und wurden auch ins Englische, Französische, Hebräische, Italienische und Russische übersetzt. Zwischen 1990 und 1993 war er künstlerischer Direktor des Teatr Powsczechny in Warschau.
PORTUGAL: Vera San Payo wurde 1951 in Lissabon geboren. Als Dramaturgin für Theater in Lissabon und Porto arbeitet sie seit 1980 und hat im Rahmen dieser Tätigkeit zahlreiche Stücke übersetzt und adaptiert, u.a. von Shakespeare, Shepard, Koltčs, Dorst, Schwab und B. Strauss. Sie erhielt für diese Tätigkeit zahlreiche Preise, u.a. den Österreichischen Übersetzerpreis. In diesem Jahr wurde sie mit der Goethe-Medaille des Goethe-Instituts ausgezeichnet. RUMÄNIEN: Iona Craciun wurde 1958 in Constanta geboren. Sie arbeitet als Professorin für deutsche Literatur- und Kulturgeschichte an der Universität Bukarest. Bis heute hat sie zahlreiche Gedichte in rumänischen und deutschen Zeitschriften und Lyrikanthologien veröffentlicht, ihre bisher publizierten Stücke sind in Rumänisch geschrieben: "Der Jahrmarktfluss" (1990) und "Keine Begabung für die Wirklichkeit" (1998).
RUSSLAND: Viktor Slawkin wurde 1935 in Moskau geboren. Von 1967 bis 1984 war er leitender Redakteur für Humor und Satire bei der Zeitschrift "Junost", daneben schrieb er Drehbücher für Zeichentrickfilme. Seine ersten Stücke wurden in den 60er Jahren von Studenten- und Amateurtheatern gespielt. Zwischen 1996 und 2001 entstand Slawkins bisher umfangreichstes Projekt: "Die alte Wohnung", die Serie gewann schon während ihrer Laufzeit zahlreiche Preise u.a. den russischen Nationalpreis.
SCHWEDEN Sofia Fredén, 1968 in Göteborg geboren und debütierte als Dramatikerin 1995 am Pistol Teatern in Stockholm mit dem Stück "In unseren lichten Momenten", bei dem sie auch Regie führte. Seither hat sie eine Reihe weiterer Schauspiele verfasst. In Schweden ist sie als Autorin für Kinder und Erwachsene etabliert. Zu ihren am meisten gespielten Stücken gehören "Hand in Hand" (1999), und "Sie standen und starben" (2002). Ihre jüngsten Texte für das Theater entstanden vorwiegend als Auftragsarbeiten, wie "Der Nachfalter" für das Stadttheater Stockholm, an dem Fredén 2002/03 Hausautorin war und zur Zeit wieder ist. Sie selbst charakterisiert ihre Dramen als "Sozialkomödien mit einer leichten Melancholie“. Ihr stärkstes Interesse, sagt sie, gilt der "Existenz in der modernen Welt“.
SCHWEIZ: Lukas Bärfuss ist 1971 in Thun geboren und dort aufgewachsen. Nach dem Militärdienst fand er eine Anstellung als Buchhändler. Diese Tätigkeit übte er sieben Jahre aus. Seither lebt er als freier Schriftsteller zunächst in Biel, jetzt in Zürich. 1998 debütierte er als Prosa-Autor (mit der Publikation von Kurzgeschichten in Zeitschriften und Anthologien) und als Dramatiker. Als verbindend erweisen sich der durchgehende Verzicht auf Psychologie, die Nüchternheit und Geradlinigkeit der Abläufe, aber auch eine Art von untergründigem Humor. Lukas Bärfuss hat an Universitäten in der Schweiz, in Kasachstan und Kirgistan Workshops für kreatives Schreiben und zur Dramatik gegeben. Er hat eine Reihe von Preisen erhalten und wurde 2003 in der Kritikerumfrage von "Theater heute" zum Nachwuchsdramatiker des Jahres gewählt.
SERBIEN UND MONTENEGRO: Nenad Proki wurde 1954 in Kragujevac geboren. Die drei Teile der “Divina Commedia" nach Dante sind auf zahlreichen europäischen Festivals gezeigt worden. Proki schreibt ebenfalls für Film und Fernsehen und arbeitet als Regisseur. Seit 1997 ist er General Manager des BITEF Theaters und des BITEF Festivals in Belgrad, er ist Mitbegründer des Schriftsteller-Forums (1998), einer Vereinigung unabhängiger Autoren und hat gerade einen Roman, "Alpha Foxtrott", beendet.
SLOWAKEI: Martin Porubjak wurde 1944 in Bratislava geboren, er wirkt als Regisseur und Dramaturg am Slowakischen Nationaltheater in Bratislava und lehrt an der dortigen Theaterfakultät. Für den fünfteiligen Film nach Vladislav Vancuras Roman "Flucht nach Budapest" schrieb Porubjak das Drehbuch. Er wurde im Dezember 2002 und im Januar 2003 im tschechischen Fernsehen gezeigt, bevor er im Frühjahr 2003 in den Kinos der Slowakei und Tschechiens zu sehen war.
SLOWENIEN: Du an Jovanovi wurde 1939 in Belgrad geboren. Jovanovi hat über 80 Stücke jugoslawischer und ausländischer Autoren, darunter auch seine eigenen, in zahlreichen Theatern des ehemaligen Jugoslawien inszeniert. Seine Stücke (u.a. "Der Wahnsinnige, "Die Mauer, der See", "Karamasows") sind in allen jugoslawischen und in anderen Sprachen gespielt worden. Jovanovi schrieb und schreibt außerdem für Film, Funk und Fernsehen.
SPANIEN Carles Batlle ist 1963 in Barcelona geboren. Er gehört zu einer Gruppe gleichaltriger Autoren, die dem katalanischen Drama neue Impulse gegeben haben. Er nimmt teil an Seminaren zum Stückeschreiben und zur Dramaturgie des Dramatikers und Regisseurs José Sanchis Sinisterra, der seit 1971 u.a. am Theater-Institut in Barcelona lehrt und seit 1988 mit der Sala Beckett ein experimentelles Theater-Labor gründete. Heute unterrichtet Batlle selbst am Theater-Institut. Darüberhinaus ist er involviert in das von Sergi Belbel geleitete "T-6“-Programm des Katalanischen Nationaltheaters (zu dessen Beratungsgremium er gehört), das alljährlich sechs ausgewählte junge Theaterautoren betreut und aufführt.
TSCHECHISCHE REPUBLIK: Arno t Goldflam wurde 1946 in Brno (Brünn) geboren, er inszeniert an vielen Theatern der Tschechischen Republik und zunehmend auch im Ausland. Im tschechischen Fernsehen moderiert Goldflam eine monatliche Kulturrevue. Arno t Goldflam ist Autor von mehr als 50 Theaterstücken, Drehbüchern und Hörspielen. Übersetzungen seiner Stücke wurden u.a. in Deutschland, Österreich, Finnland, Australien, Kanada und in den USA gespielt. Die BIENNALE zeigte 1998 zeigte in Bonn sein Stück "Sweet Theresienstadt".
TÜRKEI Özen Yula ist 1965 in Eskisehir geboren und in Südost-Anatolien aufgewachsen. Er studierte Schauspiel an der Ankara Universität und legte eine Arbeit über Edward Albee vor. 1990/91 lebte er in New York und arbeitete an einer Dissertation über Postmodernismus, die er später abbrach. Seit 1993 schreibt er über Populär-Kultur, Theater, Musik und Film in verschiedenen Kunst- und Theaterzeitschriften. Im selben Jahr wurde sein erstes Buch, "Das Wissen um eine andere Welt (Eschatologie)", eine Sammlung von Kurzgeschichten, veröffentlicht. Neben zahlreichen Kurzgeschichten, zwei Romanen, "Trilogie der verlorenen Stadt" und "Leben, nur einmal" hat Yula Essays über die "Typologie" türkischer Frauen veröffentlicht: "Frauen jenseits des Strumpfbands, Baby Doll und Peitsche". Insgesamt hat er seit 1993 elf Bücher publiziert.
UKRAINE: Oleksandr Irwanez wurde 1961 in Lwow geboren, als 18jähriger veröffentlichte er seine ersten Gedichte. 1985 gründete er mit seinen Dichterkollegen Jurij Androchowytsch und Viktor Neborak die Gruppe "BuBaBu". Seit Beginn der 90er Jahre schreibt Irwanez Prosawerke und Dramen. Seine Stücke lassen die Defekte einer Gesellschaft erkennen, die zwar der Diktatur entronnen ist, sich aber im Chaos wiederfindet.
UNGARN: Ákos Németh wurde 1964 in Székesfehérvar geboren. Bis heute hat er sieben Stücke geschrieben. Seinen Durchbruch erlebte er mit "Müllers Tänzer", 1992 im Katona- József-Theater in Budapest uraufgeführt. "Julia und ihr Leutnant" (1993) gibt es außerdem in Hörspielfassungen durch den Ungarischen Rundfunk und DeutschlandRadio Berlin (1995) sowie in einer Verfilmung durch das Ungarische Fernsehen (1994). Akós Néméth arbeitet auch als Regisseur.
WEISSRUSSLAND: Elena Popowa wurde 1947 in Legnica geboren. Für 'Der Platz des Sieges' gewann sie zahlreiche Preise, aus Zensurgründen wurde das Stück jedoch in keinem Theater aufgeführt. Weitere Stücke von Popwa sind 'Eine Anzeige in der Abendzeitung' (1982) und 'Das Leben von Koritzyn' (1988). 1994 reichte Elena Popowa ihr Stück "Günstlinge des Schicksals", das 1998 bei der BIENNALE in Bonn gastierte, gewann beim Ersten Europäischen Dramatiker-Wettbewerb den Ersten Preis. In Moskau wurden 2000 und 2001 zwei Romane von Elena Popowa veröffentlicht.
ZYPERN: Giorgos Neophytou wurde 1946 in Nikosia geboren. 1984 schrieb er sein erstes Stück, "Ein Sonntagshörspiel", das vom Zypriotischen Fernsehen produziert und ausgestrahlt wurde. Es folgten weitere Stücke, die sowohl vom Staatstheater in Nikosia als auch vom Fernsehen aufgeführt wurden, seit 2003 gehört Neophytou als Vorsitzender dem Aufsichtsrat des Nationaltheaters in Nikosia an.
DEUTSCHLAND: Tankred Dorst wurde 1925 in Sonneberg/Thüringen geboren. Seine Theaterstücke werden seit 1960 im In- und Ausland aufgeführt. Zu seinen meistgespielten Stücken gehören: "Merlin oder Das wüste Land", "Ich, Feuerbach" Das Hessische Staatstheater Wiesbaden brachte 2004 "Purcells Traum von König Artur“ heraus. Die meisten Stücke seit den 70er Jahren sind in Zusammenarbeit mit seiner Frau Ursula Ehler entstanden. Dorst erhielt viele Literaturpreise, u.a. 1990 den Georg-Büchner-Preis.
SERBIEN UND MONTENEGRO
Jugoslovensko Dramsko Pozori te, Belgrad
Heuschrecken
Skakavci
von Biljana Srbljanovi
Die Autorin
Biljana Srbljanovi , geboren 1970 in Belgrad, studierte Dramaturgie und
Theaterwissenschaft an der Akademie der Dramatischen Künste in Belgrad, an der sie seit 1997 als Lehrbeauftragte tätig ist. Ihr 1995 geschriebenes und 1997 am Jugoslawischen Drama Theater Belgrad uraufgeführtes Debüt-Stück "Familiengeschichten Belgrad“ wurde im Jahr darauf in dieser Inszenierung bei der BONNER BIENNALE gezeigt - damit begann ihr internationaler Erfolg, der sich mit den nächsten Stücken "Der Sturz“ (1999) und "Supermarket. Soap Opera“ (1999) fortsetzte. Das letztere Werk entstand als Auftrag der Schaubühne Berlin und der Wiener Festwochen und wurde erstmals 2001 in Wien gezeigt. Während der NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien 1999 veröffentlichte sie kritische Situationsberichte und Essays zu diesem Geschehen, die international stark beachtet wurden. Während einer Gastdozentur in New York entstand ihr Stück "God save America“, das 2003 in Belgrad uraufgeführt wurde. Ihre Stücke sind in viele Sprachen übersetzt und an mehr als 100 Theatern in der ganzen Welt aufgeführt worden. Vor allem in den deutschsprachigen Ländern wurden sie - in mehr als 50 Produktionen - gespielt. Die Deutschsprachige Erstaufführung von "Heuschrecken“ fand im April 2006 am Staatsschauspiel Stuttgart statt. Biljana Srbljanovi ist mit einer Reihe von Preisen (darunter der Ernst-Toller-Preis 1999) ausgezeichnet worden. Dem Festival NEUE STÜCKE AUS EUROPA ist sie noch in anderer Hinsicht verbunden: 2000, 2002 und 2004 leitete sie die englischsprachigen Arbeitsgruppen der Workshops für junge europäische Autoren. Biljana Srbljanovi : "Alle Helden sind sehr alt, insbesondere die jüngsten“ Ich wollte unsere auf den Kopf gestellte Gesellschaft schildern, in der die Alten intensiv über die ferne Zukunft nachdenken und die Jungen oder die Jüngeren intensiv ausschließlich darüber nachdenken, wie sie überhaupt ein hohes Alter erreichen können. Dieser ewige Generationenkonflikt mutet wie das bekannte Volksepos an, in dem das, was tagsüber aufgebaut, über Nacht - hier bis zur nächsten Generation - wieder zerstört wird. Nichts wird weitervererbt, außer einem schlechten Gewissen, blutigen Händen und einem Haufen leerer Lottoscheine als einzige Aussicht auf eine "leuchtende“ Zukunft. Ein schlechtes Gewissen ist eines der seltenen zuverlässigen Zeichen dafür, dass man doch ein menschliches Wesen geblieben ist. Wenn auch noch das Gewissen versagt, ist man zu allem fähig, ist man bereit, alles zu tun, aber auch alles zu ertragen. Das Fehlen dieser Selbsterkenntnis, der Kampf gegen das eigene Gewissen raubt uns den Halt, den Sinn und das Ziel. Solange in einer Gesellschaft Menschen ohne Gewissen als Patrioten gefeiert werden, verliert sie immer mehr ihre Menschlichkeit. Aber hierzulande schätzt man das Gewissen nicht, hier schämt man sich, ein Gewissen zu haben, das Gewissen ist etwas, was man verachtet, es ist weder patriotisch noch gottgefällig. Nicht allein die Alten sind schuld, dass man sie bei allem immer noch um Rat fragt, es ist nicht allein die Schuld des weißhaarigen Greises an der Schwelle zum Tod, wenn er seine Gedanken zugunsten einer strahlenden Zukunft anderer niederschreibt, schuld ist auch der, der ihn fragt, auf ihn hört, ihn achtet. Aber schuld ist auch der, der ihn nicht achtet, denn gerade der mangelnde Respekt gegenüber dem Alter ist der Grund für diese ungeheuere Zähigkeit der Greise, die geradezu gezwungen sind, einen Überlebenskampf zu führen. Dass die Rentenfonds in diesem Land für die Kriegsführung aufgebraucht wurden, hat nicht nur eine metaphorische Bedeutung, das spiegelt vielmehr den Bewusstseinszustand der ganzen Gesellschaft wieder und bringt die Menschen ußerdem in die Situation, dass sie im fortgeschrittenen Alter, wenn sie ihr Leben in Ruhe und Würde genießen sollten, den verschiedensten Erniedrigungen ausgesetzt und missachtet werden. Dadurch werden sie zu etwas, was sie nicht sein wollten. Jahrelang wurden aus den Rentenrücklagen die Kugeln der Scharfschützen finanziert, die dann in die Herzen und die Hirne der Kinder einschlugen. Das ist diese verkehrte Ordnung der Dinge, die verheerende Folgen hinterlässt, aber mit der uns auseinander zu setzen wir nicht bereit sind. Dieses ständige Hoffen, dass etwas vom Himmel fällt, macht mir Angst. "Etwas wird geschehen“ ist zum allgegenwärtigen Ausspruch geworden. Ständig starren wir zum Himmel in der Erwartung, dass uns etwas in den Schoß fällt, aber bisher kam von dort nichts als Regen und Bomben. Auch die Geschichte mit dem Titel hat damit zu tun. Während ich das Stück schrieb, hieß es "Mein Vater spielt Lotto“. Ich habe überhaupt Probleme mit Titeln. Auch sonst mag ich keine Metaphern und wenn ich etwas beschreibe, verstricke ich mich nur. Meine Titel sind entweder banal oder unverständlich. So war es auch dieses Mal. Gerade als ich dabei war, die Geschichte von Menschen zu erzählen, die einander von Generation zu Generation nur leere Lottoscheine hinterlassen sowie den trügerischen Glauben, dass man ohne eigenes Zutun zu etwas kommen kann, dass "den Mutigen das Glück begünstigt“, dass die Ameise dumm und die Grille ein prima Typ ist, kam in Serbien ein regelrechtes Lotto-Fieber auf. Die Proben liefen schon, und alle Welt hoffte plötzlich auf Millionensummen. Völlig dem "Man-weiß-es-nie-Glauben“ ergeben, zündeten die Leute in den Kirchen sich selbst Kerzen an und beteten für das eigene Glück. In dieser Situation wirkte plötzlich mein Titel wie eine Schlagzeile, und das war unerträglich.
"Heuschrecken“ war der Name meiner Datei im Computer, unter dem ich das Stück abgespeichert hatte. So wurde "Heuschrecken“ zum Titel des Stücks.
(Teile aus einem Interview mit Slavica Vučković vom 14. Februar 2005, veröffentlicht am 20. Februar 2005 in der Zeitung Vecernje novosti, Belgrad, und wiedergegeben im Programmheft der Uraufführung. Aus dem Serbischen von Mirjana und Klaus Wittmann)
Das Stück
Die Autorin, die durch ihre Kommentare ständig im Text des Stückes präsent ist, bemerkt zu einer ihrer Figuren, sie gehöre "zur bürgerlichen Schicht, wie übrigens - ob durch Geburt, Heirat oder Gewalt - alle anderen Personen, außer Nade da, die zu nichts gehört“. Es ist die "bürgerliche Schicht“ in einem ehemals kommunistischen, von Kriegen demoralisierten Land, in dem die Erinnerung an dessen Vergangenheit erloschen zu sein scheint. Gleichwohl reichen alte Strukturen in die neuen kapitalistischen Verhältnisse. Das Personenpanorama zeigt Einsame, Egoisten, Beziehungslose - gerade auch wenn sie in einer Familie leben. Im Personenverzeichnis heißt es, "alle Helden sind sehr alt, insbesondere die jüngsten“. Von ihnen, den 35- bis 50jährigen scheint es keine Verbindung mehr zur Generation der Eltern, der Alten zu geben. Auch die Alten finden kein Verständnis für die Jungen, aber auch nicht für einander. Dennoch gibt es gegen Ende Hoffnungsschimmer. Fredi, der sich vor dem Alter fürchtende schwule Arzt, entledigt sich seines stummen, debilen Vaters, indem er ihn an einer Autobahnraststätte aussetzt. Doch er revidiert sein grausames Handeln, holt ihn von der Straße zurück und kümmert sich liebevoll um ihn. Auch die Ärztin ana, die ihre Mutter aus dem Haus jagte, wobei die sich das Becken brach, begleitet die Rekonvaleszenz der alten Frau, die ihrerseits ein neues Verhältnis zur Tochter zu finden scheint. Nade da, die als Maskenbildnerin beim Fernsehen arbeitet, steht fremd außerhalb des vor allem familiären Geflechts, das die anderen Personen äußerlich an einander bindet, und sie verfolgt keine Ziele wie die übrigen. Während die kaum einander zuhören, kann sie sogar von den Lippen lesen - eine Gabe, die der eitle Fernsehjournalist Maksim, der ein oberflächliches Verhältnis mit ihr eingeht, sofort für sich nutzt. Wahrscheinlich verfügt sie auch über spirituelle Fähigkeiten, die ihr selbst jedoch wenig nutzen. Sie kann Maksim vor einem drohenden Schlaganfall retten, aber nicht vor dem Tod. Uraufführung: 26. April 2005 in Belgrad, Jugoslovensko Dramsko Pozorište (Velika
scena)
Der Regisseur
Dejan Mija , geboren 1934, schloss 1957 die Akademie der Dramatischen Künste in Belgrad ab und arbeitete danach als ständiger Regisseur in Tuzla (-1961) und Novi Sad (-1974). Seine Inszenierung von J. St. Popovi s "Pokondirena tikva“ (1973) gilt als ein Meilenstein des modernen jugoslawischen Theaters. Um die zeitgenössische Interpretation der Werke dieses "Vaters“ des serbischen Dramas, aber auch um Branislav Nu i (1864-1938), den Autor serbischer Komödien hat Mija sich verdient gemacht. Seit 1976 inszeniert er am Jugoslawischen Drama Theater und hat als Gastregisseur an allen bedeutenden Theatern des früheren Jugoslawien gearbeitet. Er hat Schauspiel in Belgrad und Novi Sad gelehrt und Regie an der Fakultät der Dramatischen Künste in Belgrad. Jugoslovensko Dramsko Pozori te Das Jugoslawische Drama Theater ist zum vierten Male zu Gast bei NEUE STÜCKE AUS EUROPA. Es zeigte 1996 "Das Pulverfass“ von Dejan Dukovski, 1998 die "Belgrader Trilogie“ von Biljana Srbljanovi und 2004 "Schienen“ von Milena Markovi . Es wurde 1947 mit dem Ziel gegründet, eine den neuen Vielvölkerstaat Jugoslawien repräsentierende Bühne nach dem Vorbild des Moskauer Künstlertheaters zu schaffen. Prominente Schauspieler aus allen Zentren Jugoslawiens und herausragende Regisseure kamen unter der künstlerischen Leitung des berühmten Regisseurs Bojan Stupica zusammen, der ein Repertoire von höchstem literarischen Anspruch durchsetzte: europäische Klassik und Moderne gemischt mit den Werken der Klassiker und der Zeitgenossen aus den jugoslawischen Ländern. Intensive Probenarbeit, die Entwicklung junger Kräfte in Schauspiel und Regie verwirklichten den Anspruch in lebendigster Weise. Die Leiter und Regisseure auch der Folgejahre, geprägt von der europäischen Moderne der Zwischenkriegszeit, verhinderten das Abdriften in den "sozialistischen Realismus" ebenso wie sie sich erfolgreich einer dogmatischen Durchsetzung der Stanislawski-Methode widersetzten. In den 80er Jahren (vor allem unter der langjährigen Leitung von Ivan irilov) wandelte sich das Theater in die Richtung eines stärkeren szenischen Ausdrucks. Der Brand des Hauses im Oktober 1997 bedeutete einen harten Einschnitt für alle Mitarbeiter wie für das Theaterleben. Nach einer schwierigen Interimszeit hat sich das Jugoslawische Drama Theater seit der Wiedereröffnung des Großen Hauses im Mai 2003 erneut in die erste Reihe der Bühnen gespielt.
NIEDERLANDE
NTGent, Gent, Belgien
Der Asylsucher
De Asielzoeker
Von Arnon Grunberg
Das Stück
Christian Beck war einst ein gefeierter Schriftsteller, bis er entdeckte, dass der Erfolg, ebenso wie die Liebe und die Solidarität, eine Illusion ist, hinter der der Mensch sich auf der Flucht vor seinem eigenen Egoismus versteckt. Beck wird der 'große Entlarver' von Illusionen. Die Liebe entlarvt er, indem er systematisch seine Frau betrügt, den Erfolg, indem er die Schriftstellerei gegen einen Job als anonymer 'Übersetzer von Gebrauchsanweisungen' eintauscht, und die Solidarität, indem er gleichgültig wird gegenüber einer Welt, die immer mehr in Flammen steht. Als Christian Beck alles entlarvt hat, was zu entlarven ist, entdeckt er die Einsamkeit und begreift, dass der Mensch nicht geschaffen ist, um allein zu sein. Als seine Frau todkrank wird, entscheidet er sich, seine eigene Interessen zurückzustellen und nur noch für sie zu leben. Auch als seine Frau beschließt, einen Asylbewerber zu heiraten. Zusammen mit dem neuen Mann seiner Frau flüchtet Beck in die Realität. Er entdeckt durch den Schmerz neue Möglichkeiten des Glücks und der Liebe. Der Asylbewerber erschien 2003 als Roman (deutscher Titel: Der Vogel ist krank) und handelt von großen Themen wie das Zerbrechen von Utopien und Illusionen, die Notwendigkeit von Sex, der Bankrott sozialer Beziehungen und die fundamentale Einsamkeit des Menschen. Diese Themen sind stets mit dem konkreten Schicksal der Figuren verbunden, die die Ideen des Autors verkörpern, ohne davon erschlagen zu werden. Das macht sie zu äußerst dramatischen Figuren. Der Asylbewerber ist kein Statement über die Situation des Asylbewerbers in unserer Gesellschaft. Und doch ist es ein politisches Buch. Beck und seine Frau verkörpern die tödliche Ermüdung des westlichen Menschen, ihr Leben stellt die letzten, melancholischen Tanzschritte einer Kultur dar, die untergeht. Die Figur des Asylbewerbers steht in all ihrer Ungreifbarkeit für eine andere Art von Mensch. Er kommt und geht, auf seinen Schultern scheint das Gewicht des alten Kontinents nicht zu lasten. Gleichzeitig hält er Beck einen Spiegel vor, indem er den Idealismus dort wieder aufgreift, wo Beck ihn vor langer Zeit abgelegt hatte. Als er am Ende des Romans Europa verlässt, 'um sein Volk zu befreien', bleibt nichts von ihm, nur das vage Echo einer Vitalität, die Beck irgendwo verloren hat. Der Asylbewerber ist die Eröffnungsproduktion von Johan Simons und seines neuen Theaters NTGent. Er inszeniert die Bearbeitung dieses Romans als Denkübung über den (westlichen) Menschen und die Welt, in der dieser Mensch lebt. Die Figuren aus Der Asylbewerber begreifen, wie begrenzt ihre Möglichkeiten der Liebe und des Glücks sind, und wie wichtig es ist, mit Schmerz und Leiden leben zu lernen. Genau das ist für Simons ein tröstlicher Gedanke. Es bedeutet, dass der Mensch sich selbst nicht länger als die Spitze der Gesellschaft betrachten muss, dass es Raum für Misserfolge und Mitleid gibt, aber auch für die beständige Suche nach einem besseren Menschen. In dem Dreiecksverhältnis zwischen Beck, seiner Frau und dem Asylbewerber zeigt sich nicht nur Unvermögen, sondern schimmert auch eine Zukunftsvision durch. Jeder entdeckt auf seine Art, dass es eine Illusion ist, ohne Illusionen zu leben. In dem Moment, als die Hoffnung fast verschwindet, scheint sie stärker denn je zu sein.
Der Regisseur
Johan Simons (1946), Regisseur, Intendant. Nachdem er anfänglich Tanz an der Rotterdamer Tanzakademie und Schauspiel an der Theaterakademie Maastricht studiert hatte, wurde Johan Simons im Jahr 1976 Schauspieler und Direktor der Haagsche Comedie. Hier inszenierte er sein erstes Stück.Johan Simons war 1979 einer der Mitbegründer des Wespetheater, eines Schauspielerkollektivs, das vom berühmten Werktheater inspiriert war. Als sich das Wespetheater 1982 auflöste, gründete Johan Simons das Regiotheater und wurde dessen künstlerischer Leiter. Ziele, Arbeitsweise und Stil entsprachen dem Wespetheater. Die Stücke entstanden jedoch nicht mehr aus Improvisationen, sondern wurden speziell für das Ensemble von erfahrenen Autoren geschrieben. Der Schlagzeuger Paul Koek arbeitete als Musiker an einigen Produktionen mit. 1985 fusionierte Het Regiotheater mit dem Theaterensemble Acht Oktober zur Theatergroep Hollandia. Ab 1987 trat Paul Koek als Koregisseur auf, 1993 wurde er zweiter künstlerischer Leiter. 2001 schloss sich Theatergroep Hollandia mit dem Zuidelijk Toneel aus Eindhoven zu ZTHollandia zusammen. Die Schauspieler Aus Greidanus jr., Sanne van Rijn und Chris Nietvelt schlossen sich dem Ensemble an. ZTHollandia wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet. Höhepunkt war der Europäische Preis für Innovation im Theater, den Johan Simons und Paul Koek im Jahr 2000 in Taormina erhielten. In den folgenden Jahren wurde Johan Simons regelmäßig als Gastregisseur von deutschsprachigen Theatern eingeladen: Tragbar (Schauspielhaus Zürich, 2001), Hannibal (Staatstheater Stuttgart, 2002), Sentimenti (RuhrTriennale, 2003), Anatomie Titus (Münchner Kammerspiele, 2003) und Elementarteilchen (Schauspielhaus Zürich, 2004). Höhepunkt der Saison 2003/04 waren die Aufführungen Der Fall der Götter und Zwei Stimmen im Rahmen des Festival d Avignon. Mit seiner Münchner Inszenierung von Heiner Müllers Anatomie Titus wurde Johan Simons 2004 zum Theatertreffen Berlin eingeladen. Elementarteilchen nach Houellebecq am Schauspielhaus Zürich wurde als beste deutschsprachige Aufführung mit dem Nestroy-Preis 2004 ausgezeichnet. Seit September 2005 ist Johan Simons künstlerischer Leiter des Publiekstheater in Gent, das jetzt NTGent heißt. Neben den Werken junger Theatermacher sind Koproduktionen mit Toneelgroep Amsterdam, der Volksbühne Berlin und der Opéra de Bastille geplant.Bei der RuhrTriennale und den Wiener Festwochen 2005 inszenierte Johan Simons Fort Europa. 2006 wird Johan Simons die Oper Simon Boccanegra von Verdi in der Opéra de Bastille in Paris inszenieren.
RUSSLAND
Teatr.doc, Moskau
Dok.Tor
von Elena Isaeva
Die Autorin
J'avais depuis longtemps l'idée d'écrire sur la médecine russe, une sorte de saga sur la déchéance de notre systčme médical, parce que, notamment en province, la situation est terrifiante. Pire que chez Boulgakov, ŕ son époque il y avait encore des instruments et des médicaments. Chez nous la diagnostic est resté au niveau du début du 20e sičcle. Les médecins russes disent : "C'est terrible, mais dans notre métier nous ne pouvons faire appel qu'ŕ notre intuition". Des amis m'ont présenté Andrei Gerner, un docteur ŕ Astrakhan de passage ŕ Moscou. J'ai mené un entretien avec lui. Il m'a raconté beaucoup plus de choses que ce que j'ai mis dans la pičce. Pankov est un metteur en scčne qui sent le rythme d'un texte et part de lŕ. Son équipe travaille avec une telle justesse. Tout en tension et en musique, comme un orchestre symphonique bien réglé. Alors qu'il s'agit d'un texte trčs dur, qui force le spectateur ŕ écouter les détails d'une opération chirurgicale! Je crois que Pankov a trouvé une façon trčs contemporaine, violente et précise de donner ce texte. Entretien avec Elena Issaeva, 15 novembre 2005 Die Inszenierung Cette premičre est une des celles qu'on pourrait nommer Ť manifeste du Teatr.doc ť. Doc.tor de Vladimir Pankov justifie pleinement et complčtement l'existence du phénomčne de la pičce documentaire, et celle d'un petit théâtre dynamique qui soulčve les questions d'importance civique dont les scčnes institutionnelles n'ont que faire. C'est un spectacle, moitié-artistique moitié-documentaire, qui diagnostique l'état de misčre de nos instituts de santé. Le spectacle traite ce thčme d'une maničre poétique. Le théâtre national n'a pas abordé un thčme aussi important depuis la pičce soviétique Platon Krecthet de Korneitchouk Pavel Roudnev,Des anges en blouses blanches, Nezavissimaia gazeta, 11 novembre
2005
Das Theater
Teatr.Doc has been founded by the playwright Elena Gremina and director Mihail Ugarov in one of the Moscow cellars in 2002, as an open stage for emerging socially oriented theatre. It has hosted productions by the stars of contemporary Russian theatre and by unknown students, stand-up comedy evenings, discussion clubs, documentary film festivals and drama and poetry readings. Most of the plays that are staged in Teatr.doc are written in documentary technique that is based on interviews with real life texts. Teatr.doc has become a cult stage in Moscow, which reacts to the events in society almost with a speed of a news channel, and that speaks the same language and lives by the same rules as its audience.
ESTLAND
Tallinna Linnateater, Tallinn
Elchtest
Meeletu
von Jaan Tätte
Der Autor
Jaan Tätte wurde 1964 in Viljandi geboren. Er studierte zunächst Biologie an der Universität Tartu, bevor er nach zwei Jahren das Fach wechselte. 1990 schloss er seine Theater-Ausbildung am Staatlichen Konservatorium von Tallinn ab und fand sofort ein Engagement als Schauspieler am Stadttheater der estnischen Hauptstadt, das er als seine künstlerische Heimat betrachtet. Seither hat er dort eine Vielzahl von kleinen und großen Rollen u.a. in Stücken von Albee, Brecht, Weill, Claudel, Ibsen, Pinter, Shakespeare, Stoppard und Peter Weiß gespielt. Seit 1993 ist er in drei estnischen und in einem lettischen Film aufgetreten. 2005 drehte er (gemeinsam mit Arko Okk) den Dokumentarfilm "Piisks Turm“. Schon seit seinen Studententagen schreibt und komponiert er eigene Lieder, die er - neben denen anderer Komponisten - mit seinem Freund und Kollegen Marko Matvere musiziert und singt. Das hat ihn über das Theaterpublikum hinaus bekannt gemacht. Sein erstes Stück ging 1997 aus einem Wettbewerb als Sieger hervor. Das Endla-Theater in Pärnu brachte es bald darauf zur Uraufführung. Erst in der folgenden Saison inszenierte er es am Linnateater in Tallinn. Nach der Übersetzung ins Russische nahm auch das Russische Schauspieltheater in Tallinn das Werk in seinen Spielplan, das inzwischen den Stoff für einen estnischen Film (mit dem Autor in einer Hauptrolle) lieferte. Tättes Stück, das im Original "Autobahn-Kreuz" heißt, ist inzwischen in viele Sprachen übersetzt und auch auf zahlreichen deutschen Bühnen unter dem Titel "Bungee-Jumping" gespielt worden resp. noch im Spielplan. Die Geschichte, in der ein alter Mann einem jungen für sehr viel Geld seine Freundin abzukaufen versucht, verknüpft Märchen und Kapitalismus-Kritik. Die Geschichts-Revue "2000 Jahre Leben in Estland oder das Picnic am Reiu-Fluss" schrieb Tätte für das Endla-Theater, das sie im Sommer 1999 als Freilicht-Produktion zeigte. Die Uraufführungen aller danach entstandenen Stücke fanden fast ausnahmslos am Stadttheater Tallinn statt: Das Kinderstück "Hallo!" (1997) und das Schauspiel"Brücke" (2000), das eine romantische Liebesgeschichte mit der Situation einer Gruppe von liebeleeren Personen konfrontiert, die, bei einer Explosion ums Leben gekommen, im Übergang zwischen hier und "drüben" festsitzt. 2002 fand am Staatstheater Stuttgart die deutschsprachige Erstaufführung statt. Die Komödie "Fasten Seat Belts“ (2001) zeigt ein Paar, das seine Eheroutine aufzubrechen sucht. Es erlebte im vergangenen Jahr in Schwerin seine deutschsprachige Erstaufführung. "Die Verlierer" (2003) ist ein Musical (komponiert von Olav Ehala), das von fern an "Westside Story" erinnert. Eine Gruppe von Studenten trifft in einem einsamen Wald auf eine Gruppe von jungen Kriminellen - eine folgenreiche Begegnung, aus der sich Konflikte, Liebe und Tod entwickeln. Tätte bekennt, dass ihn die Geschichte interessierte, weil er herausfinden wollte, warum die "Bösen" manchmal so attraktiv, die "Guten" oft so langweilig sind. In der Komödie "Die Laterne“ (2004) hofft ein Mädchen auf einer entlegenen Insel auf den "Mann ihrer Träume“ - da spült das Meer gleich zwei an. Die Uraufführung fand als Freilichtproduktion (durch "Nargen Opera“) nahe dem Laulasma Strand statt.
Das Stück
Ein Geschäftsmann, Anfang 40, verheiratet, ein Sohn (Anfang 20), durch den Handel mit Nokia Handys reich geworden, erzählt die Geschichte seines Ausstiegs. Dieser "Ich“ könnte seinen größten Triumph feiern; die finnischen Hersteller haben ihm das Alleinvertretungsrecht eingeräumt. Doch der Gedanke an die Konsequenzen für sein eh schon hektisches Leben macht ihm bewusst, dass er nur noch funktioniert, seine Ideale und Träume verloren hat. Er beschließt, eine Auszeit zu nehmen, um das Verlorene wieder zu finden. Weder Frau und Sohn noch der Geschäftspartner opponieren gegen seinen Plan. Die einen sind mit der Zusicherung, das Geld werde weiter fließen, zufrieden, der andere mit den erteilten Vollmachten. Er kauft ein halb verfallenes Holzhaus in einer einsamen Gegend, genießt die Einsamkeit und das einfache Dasein in der Natur. So wie seine bisherige Existenz in seinem Bewusstsein verblasst, breiten sich in ihm Ruhe und gelassenes Glück aus. Als er zu seiner Überraschung feststellt, dass er seine frisch gewonnenen Lebenseinsichten scheinbar an Bewohner des abseits gelegenen Dorfes vermitteln kann, lässt er sich mit zunehmender Begeisterung in eine Rolle drängen, die ihm ein junges Mädchen vorgibt, von dem er nicht weiß, ob es real ist oder nur in seiner Vorstellung existiert. Als "Verkünder“ des "Licht-Glaubens“ predigt er einer wachsenden Gemeinde, mit der er in der Natur von ihm erfundene Rituale feiert. Als seine Frau endlich einmal vorbeischaut und er ihr von seiner Mission erzählt, zieht die ihre eigenen Schlüsse - und sein Geschäftspartner auch. Als sie mit den Papieren für Scheidung, Besitz- und eschäftsübertragung anrücken, stimmt er, längst entschlossen, nicht ins frühere Leben zurückzukehren, freudig zu und bestätigt ihnen die Annahme, er sei verrückt geworden. Das denken dann auch die Dorfbewohner, als sie mitbekommen, dass er sich seines Reichtums entledigt hat - und bleiben seinen "Messen“ fern; sie haben dem reichen Mann geglaubt, auf den "armen Schlucker“ geben sie nichts. Uraufführung: 7. Mai 2005 in Tallinn, Tallinna Linnateater
Die Regisseurin
Eva Klemets, 1977 im estnischen Kehra geboren, hat an der Schauspielschule der Estnischen Musikakademie in Tallinn studiert und dort während ihrer Studienzeit in einer Reihe von Aufführungen mitgewirkt. Auch danach ist sie als Schauspielerin aufgetreten, u.a. in einer Kafka-Adaption ("Die Verwandlung“) am Linnateater. Ihre ersten Inszenierungen entstanden 2003 am Staatlichen Estnischen Puppentheater (S. Mro ek "Die Polizei“) und am Linnateater (F. McGuinness "Damit jemand auf mich aufpasst“), das sie nach ihrem Studienabschluss 2004 als Regisseurin engagierte.
Ihre jüngste
Produktion hier ist "Birdy“ von W. Wharton/R. Bergqvist. Tallinna Linnateater Das Stadttheater Tallinn ist relativ jung. 1965 stellte der heute legendäre Regisseur Voldemar Panso (der sie bis 1970 leitete) eine Schauspielertruppe aus jüngeren Absolventen der Theaterschule und aus berühmten Stars zusammen. Sie trat als Estnisches Jugendtheater an, was aber nicht bedeutete, dass man sich auf Produktionen für Kinder und Jugendliche konzentrierte. Der Name wurde erst 1992 in den heutigen geändert. Bevor es 1966 in ein Kulturzentrum einziehen konnte, war die Bühneganz ohne eigenes Haus gewesen, aber auch danach bestand ein jahrzehntelanges Zeitalter räumlicher Improvisationen; Büros, Werkstätten, Probenlokale waren über die Stadt verstreut, und die "Spielplätze“ wechselten. Auch wenn sich schon Anfang der 80er Jahre die Planungen auf den heutigen Gebäudekomplex konzentrierten, zur Realisierung kam es erst in den 90ern. Schon während der Bauzeit hatten die Theaterleute Teile als Spielorte genutzt (die sie ggf. wieder räumen mussten) - und den Baustellen spannende szenische Lösungen abgewonnen. 1999 konnte das Theater sein neues Haus mit mehreren Spielstätten eröffnen. In ihm ist alles unter einem Dach (genauer: mehreren) vereint. Seit 1992 wird es von Elmo Nüganen als Künstlerischem Direktor und Raivo Pöldma als General Manager geleitet. Das Repertoiretheater mit 25 fest engagierten Schauspielern bietet einen Spielplan von den europäischen Klassikern bis zum zeitgenössischen (nicht zuletzt: estnischen) Drama. Neben Nüganen und Jaanus Rohumaa arbeiten zwei weitere "Haus“-Regisseure: Mit Eva Klemets wurde 2004 ihr Studienkollege Mart Koldits engagiert. Seit 2000 veranstaltet das Stadttheater Tallinn alle zwei Jahre im Dezember das internationale Festival "Wintermärchen“. Es findet in diesem Dezember zum vierten Male statt.
TSCHECHIEN
Klicperovo divadlo, Hradec Králové
Kunstschwimmer
Akvabely
von David Drábek
Der Autor
David Drábek, geboren 1970, schloss ein Film- und Theaterstudium an der Fakultät der
Künste an der Palack Universität in Olomouc ab. Schon in seiner Studentenzeit
gründete er gemeinsam mit Darek Král das Studio der Brennenden Giraffe, das auf
modernes Kabarett spezialisiert ist. Von 1996 bis 2001 war er als Dramaturg für das
Schauspiel des Mährischen Theaters in Olomouc tätig. Von 2001 bis 2003 leitete er dort
die alternative Bühne Brennendes Haus. Seine frühesten veröffentlichten Stücke datieren
auf 1992 und 1993. Bereits 1995 erhielt er den Alfréd Radok Preis, die höchste Theater-
Auszeichnung in der Tschechischen Republik, für "Jana im Park“. 2003 wurde er ihm
erneut für "Kunstschwimmer“ verliehen. Im selben Jahr erschien in Prag ein Sammelband
mit sieben seiner Stücke. Drábeks Texte zeichnen sich durch anekdotische und
epigrammatische Qualitäten aus. Eine Hauptquelle seiner Inspiration wie seiner
Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Gesellschaft sind Film und Fernsehen,
deren Stil er in seinen grotesken und kabarettistischen Texten imitiert und parodiert. Sie
sind auch Schlüsselthemen seiner Stücke: Kitsch, die Medienwelt, die kommerzielle
Massenkultur. Als Autor, Regisseur und Dramaturg arbeitet er mit dem Theatern in
Hradek Králové und in Ostrava zusammen. Gefragt, in welcher seiner Aufgaben er die
stärkste Befriedigung erfahre, hat er erklärt: "Beim Schreiben. Wenn ich zwischen Wald
und Arbeitszimmer wandern kann und mir die Bilder und Geschichten ausdenken und
ausspinnen kann, wenn es mir gelingt, in die geheimen Knoten der Zeit einzudringen - da
fühle ich mich ganz frei und jauchze.“
Das Stück
Drei Freunde, ehemalige Studienkollegen, treffen sich regelmäßig in einem abgelegenen
Schwimmbad, um Synchronschwimmen zu trainieren. Wenn die Mittdreißiger gemeinsam
die verschiedenen Figuren zur Musik ihrer Jugendzeit üben, verspüren sie das, was
ihnen im Leben fehlt: den Einklang mit sich, den anderen und der Welt. Diesseits des
Beckenrandes fühlen sie sich nicht wohl in ihrer Haut: Pavel, der ehemalige Dissident,
schlägt sich als schlecht bezahlter Universitätslektor durch und sieht sich in seinem
erbitterten Kampf gegen die Kommerzialisierung der Gesellschaft von allen
missverstanden - nicht zuletzt von Frau und Sohn. Kajetán, der Journalist, der beim
Fernsehen gelandet ist und eine populäre Reality-Show moderiert, fühlt sich angeödet
von dem, was er tut. Zudem hat er kein Glück mit seinen Freundinnen; die aktuelle - ein
raffiniertes Dummchen - stellt ihn bloß, um "prominent“ zu werden. Der stille Filip gesteht
den Freunden, dass er nicht mehr weiß, was er unter Menschen soll. Deshalb verbringt
er die Zeit auch jenseits des Trainings im Wasser. Betroffen beobachten sie Filips
allmähliche Transformation in einen Fischotter. Seine Metamorphose bewegt sie; sie
bedeutet den Verlust des Freundes und Vorbilds. Pavel zertrümmert die häusliche
Küche, nachdem ihn Frau und Sohn genervt verlassen haben. Kajetán provoziert einen
Eklat während einer Livesendung, der ihm den Job kostet. Beide bringen sie den
verwandelten Freund an das Ufer eines Sees und entlassen ihn in die Freiheit. Auch
Kajetán und Pavel bleiben dort, leben in einer kindlichen Phantasiewelt und tanzen ein
letztes Mal für ihren Freund im Wasser.
Uraufführung: 30. August 2005 in Hradec Králové, Klicperovo divadlo (hlavní scéna)
Der Regisseur
Vladimír Morávek, 1965 geboren, hat die Janá ek Musikakademie in Brno im Fach
Theaterregie absolviert. Von 1989 bis 1995 war er als Regisseur am Theater "Husa na
provázku“ in Brno engagiert. 1995 wechselte er als Regisseur und künstlerischer Leiter
an das Klicpera Theater in Hradec Králové und inszenierte u.a. Shakespeares "Hamlet“
und "König Lear“, aber auch "Es brennt, mein Püppchen“ nach dem Film von Milo
Forman. Als Gastregisseur hat er u.a. am Nationaltheater (u.a. "Romeo und Julia“) und
am Theater Ta Fantastika in Prag (das Musical "Excalibur“) gearbeitet. Er hat
Drehbücher für zwei Langspielfilme geschrieben und sie als Regisseur umgesetzt:
"Langeweile in Brno“ (2003) und "Hrube und Mare sind gute Kumpel“ (2005). Für das
Tschechische Fernsehen hat er über 70 Dokumentationen und drei Märchenfilme
gedreht. 2005 ging er als Regisseur und künstlerischer Leiter zurück ans Theater "Husa
na provázku“ in Brno.
Klicperovo Divadlo
Das Klicpera Theater in Hradec Králové verdankt sein Entstehen der Initiative eines
Fabrikanten, der den lokalen Verein der Theateramateure 1877 zur Sammlung von
Mitteln für den Bau eines Theaters veranlasste. An ihr beteiligte sich das städtische
Bürgertum. Doch verzögerte sich das Projekt vor allem durch Widerstände aus der
Stadtverwaltung. Erst als ein neuer Bürgermeister antrat, ging es voran: Nach einer
Ausschreibung entschied man sich für den Entwurf des Architekten V. Weinhengst, der
im historischen Stadtzentrum umgesetzt wurde. 1885 wurde der Bau eingeweiht, der von
Anfang an den Namen des berühmten Dramatikers V.K. Klicpera (1792-1859) tragen
sollte. Zu den Eröffnungs-Vorstellungen gehörte das Schauspiel "Przemyslidin Elisabeth“
vom Namensgeber des Hauses und Bed ich Smetanas Oper "Der Kuss“. In der
inzwischen 120jährigen Geschichte der Bühne hat es zahlreiche - nicht nur bauliche -
Veränderungen gegeben. Heute gehört sie zu den führenden Schauspieltheatern der
Tschechischen Republik. 2005 erhielt sie erneut die Auszeichnung als "Theater de
Jahres“ durch die renommierte Alfréd Radok Stiftung. Das Repertoire umfasst Stücke
der klassischen und zeitgenössischen tschechischen Dramatik und Werke der
Weltliteratur. Unter dem Titel "Die verdammt tschechische Saison“ werden 2005/06
Erstaufführungen von sieben tschechischen Autoren aller Generationen in der
Inszenierung führender Regisseure herausgebracht. Das Klicpera Theater findet ein
breites Publikum (auch aus der weiteren Umgebung der Stadt), von den Schülern und
Studenten bis zu den Senioren. Es gastiert regelmäßig in anderen Städten der
Tschechischen Republik und im Ausland. Seit 1995 veranstaltet es am Ende jeder
Spielzeit das internationale Festival "Theater europäischer Regionen“.
POLEN
Teatr Wybrezeze, Danzig
Walesa. Eine fröhliche Geschichte, die gerade dadurch traurig erscheint
Walesa. Historia wesola, a ogramnie przez to smutna
Von Pawel Demirski
Das Stück
Der Regisseur Michal Zadara und der Autor Pawel Demirski gehören zum festen Team
des Theaters Wybrzeze unter der Leitung von Maciej Nowak, eine der lebendigsten
Bühnen in Polen.
In seinem jüngsten Stück behandelt Demirski das wichtigste gesellschaftliche Ereignis
der polnischen Nachkriegsgeschichte - die Geburt der "Solidarnosc“ -, das bislan